21.6.07

Umzug

19.6.07

Szenekundig

Es hat gedauert, ich habe ca 20 Programme installieren müssen, aber ich habs geschafft.

Die Abschlussszene der dritten Episode der vierten Staffel von Six Feet Under gehört für mich zu den besten Minuten die jemals im Fernsehen ausgestrahlt wurden. Vielleicht braucht man das Rückwissen über die Charaktere, eigentlich glaube ich aber dass die Szene auch für sich selbst spricht. Dennoch: Da ist das Setting, da ist der Song, da sind die fantastischen Schauspieler, da sind die Fragen und keine Antworten.

Da ist Nate, der gerade seine Frau verloren hat, die er eigentlich nur aus Pflichtbewusstsein seiner Tochter gegenüber geheiratet hat.

Da ist Claire, die gerne Künstlerin werden möchte aber lange nichts mehr geschaffen hat, was sie selbst zufriedenstellt.

Da ist Ruth, die sich Sorgen um ihren offenbar dementen neuen Ehemann macht.

Da sind die kleinen Feinheiten, die Regisseur Jeremy Podeswa perfekt umgesetzt hat; Claires tänzelnde Bewegungen nachdem sie die Musik anschaltet, die Blicke von Anita, die immer schon eine gewisse sexuelle Faszination für Nate hat, die leeren Augen von Ruth.

Dazu die sich fortspinnende Geschichte des beginnenden Abschieds von der toten Lisa.

Ich weiß gar nicht was ich dazu noch schreiben soll. Die vielleicht großartigste Szene der großartigsten Serie der Welt. Bitte angucken.

16.6.07

Time Capsule

Nein, hier geht es nicht um das von Spiegel Online mit allen journalistischen Ehren bedachte komplett verrostete Auto, sondern um ein heutzutage noch zu kaufendes Druckwerk, das von mir heute den Preis für den charmantesten Rassismus bekommt:
Meine Erinnerung mag getrübt sein, denn bisher war ich der Meinung das eine oder andere Mal das Wort "Neger" gelesen zu haben (weder verwunderlich noch verwerflich für eine Neuerscheinung des Jahres 1930). In der mir für diese Beispiele vorliegenden Ausgabe ist das Wort jedoch offenbar nicht zu finden. Trotzdem gibt es eine wunderschöne Beispiele der damals ziemlich geläufigen Weltsicht über die dunklen Männer des heißen Kontinents zu sehen. Das fängt an mit der anständig realistischen Weltsicht dieses Matrosen, der sich offenbar allem unterordnet was weiß ist, und sollte es auch nur ein kleiner kläffender Köter sein, der sich aus vollkommen eigener Blödheit in die missliche Lage gebracht hat, im Meer herumzukraulen. Im Übrigen zeigen sich hier Schwierigkeiten im Unterfangen, Tim für die deutsche Version auch geografisch nach Deutschland zu transferieren: Würde jemand auf einem anständigen deutschen Schiff wegen eines Hundes "Mann über Bord" rufen, würde er sicher standrechtlich erschossen oder bekäme zumindest arge Probleme mit der Wasserschutzleitbehörde Oberammergau.


Weiter geht es mit dem Rätsel, woher Menschen die offenbar deutscher (bzw. belgischer, wtf) Grammatik absolut nicht mächtig sind, vom großen Reporter Tim und dessen Hund gehört haben, in welchen Gegenden Afrikas Wiesen direkt ins Meer münden und wie es ein dicker Kreuzfahrtdampfer schafft, 100 Meter von so unbearbeiteter Küste nicht auf Grund zu laufen. Desweiteren zu klären wären natürlich die Fragen nach dem Attribut, welches der mutmaßliche Vater mit dem Wort "Dingsbums" unbeholfen zu ersetzen versucht und wie zum Teufel irgendjemand ernsthaft in Afrika sein Kind Schneeball nennen sollte. Aber immerhin, die beiden haben was an, sonst müsste Tim wohl im Laufe des Bandes noch desöfteren vor Neid erblassen. (Ja grundgütiger, danke Rechtschreibprüfung, hier stand bis gerade noch "erblasen").

Nein du dummer Junge, nicht jeder sieht in Afrika aus wie ein Affe, Touristen zum Beispiel. Hervorstechend auf diesem Bild die sich abzeichnenden äpfelchengroßen Lippen Pobacken des Erntehelfers Fremdenführers. Dessen Rolle ähnelt in Aufgabe und Artikulation frappierend der von Jar Jar Binks in den neueren Star Wars-Filmen. Ansonsten bleibt wie immer nur die Frage, wo Tim eigentlich 100 Kostüme pro Folge versteckt.





Hier nun das größte Kunstwerk Hergés (ever!). Postmoderne kreuzt Kulturpessimismus. Die Apokalypse in Form der darniederliegenden Technik (Krupp!) am Bildrand, halb aus der Welt heraus, halb in die Szenerie hineinragend, der menschliche Verfall dargestellt durch Tims deszendierende Artikulationsfähigkeiten und die von westlicher Dekadenz herangetragene sexuelle Verwahrlosung des scheinbar unbeteiligt von rechts hereinmarschierenden Transsexuellen; hier werden vom Irak über AIDS bis zur Pelztierproblematik alle heißen Eisen der Zukunft angeschnitten, selbst das erst 37 Jahre später erscheinende Album Sgt. Pepper findet mittig eine frühe Hommage.


Ein Kleinod findet sich auch in dieser ausnehmend positiven Beschreibung christlicher Missionare. Nicht nur, dass der Missionar optisch Tims Vater sein könnte und Struppi sich an ein fundiertes Urteil über westliche Entwicklungspolitik macht, endlich wird auch artikuliert wie viel die vorherige humanisierte Fläche wert war: Nichts. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Aber wieso hat dieser Missionar eigentlich so eine Wampe, wenn die Leute um ihn rum nicht mal ihre Stiefel mit den Beinen ausfüllen können?





Aber immerhin hier ist alles noch gut: Tim fängt endlich mal an zu schwitzen, das Gewehr in seiner Hand war auch noch zu etwas gut und wenn ich mich nicht irre hat der Klimawandel offenbar dazu geführt dass in Afrika anständige mitteleuropäische Birken wachsen. Dafür: Daumen hoch!

13.6.07

Humorkanonen etc.

1. Gestern war Harald Schmidt an der Uni Bonn zu Gast, in einem Gespräch mit SPIEGEL-Redakteur Thomas Tuma, Ausschnitte werden am Montag in der Printausgabe zu lesen sein. Es war erwartet lustig und bestätigte mich in meiner Meinung dass Schmidt nur so richtig gut ist wenn er kein Drehbuch oder ein thematisches Korsett hat - Thema der "Runde" war zwar "Prima Klima", darum ging es aber in keinem einzigen Satz. Schmidt durfte sich austoben zur Kooperation mit Pocher, zu seinen Fernsehgewohnheiten und ungewohnt offen zu seinen Motiven, bei "Unser Charly aufzutreten: Das ist die Lieblingsserie meiner Kinder, und als ich nach Hause kam mit einem Foto mit dem Affen auf meinem Arm war ich mal der Größte.
Alles in allem unterhaltsame 80 Minuten in einer Aula die wohl noch nie so überfüllt war und eine sicher lohnenswerte Veranstaltung auch an den anderen Unis mit anderen Gästen; nächste Woche Mittwoch ist Thomas Gottschalk in Köln zu Gast.

2. Ach mann, mein Kopf war randvoll mit Blogthemen und jetzt sind alle wieder weg.

4.6.07

Kurzmeldungen

1. Heute in meiner Übung zum Thema "Sozialgeschichte des frühen Principats" etwas über die Hauptzutat römischer Gerichte gelernt: Liquamen, quasi das antike Ketchup, es wurde auf fast alle erdenklichen Speisen gepappt. Hergestellt wurde es, indem man einen kompletten Fisch in sehr salzhaltiges Wasser in einem Topf legt, den Deckel drauflegte und das ganze ein paar Monate (sic) in der Sonne (sic!) stehen ließ. Unvorstellbar, wie eklig das sein muss. War aber teuer, und was teuer war war der Senatorenschicht gerade gut genug (vgl. Flamingozungen).

2. Schön sind Zeitreisen via Zeitschriften. Zum Beispiel: Intro-Ausgabe aus dem Sommer 1998. Nicht nur, dass in einem Monat mit Thonträger der Sportfreunde Stiller, Du weißt was ich meine von Tomte und Adore von den Smashing Pumpkins drei ziemlich großartige Alben erschienen, die interessantesten Fakten finden sich in den Anzeigen. So spielten im Wiesbadener Schlachthof Tocotronic, Fettes Brot, The Notwist und Chokebore an einem Abend für unvorstellbare 19 deutsche Mark und beim Hurricane befanden sich die zu Recht komplett vergessenen Bell, Book & Candle in der dritten Headlinerzeile: So viel besser war also früher nicht alles. Darauf ein Raider.